Werdegang als Sternfreund ....

Der Sternenhimmel fasziniert mich seit der Kindheit und Jugendzeit. Mein von Technik und Natur begeisterter Großvater Fritz (*1906, +1978), ein ausgebildeter Kapellmeister und Violinist, zeigte mir im elterlichen Garten durch seinen Feldstecher (Carl Zeiss Dekarem 10x50) und einen Refraktor (Kosmos E 68 mit einem Öffnungsverhältnis von f/13,2 auf einer parallaktischer Montierung) die 'Wunder des Firmaments'.[1]

So lernte ich schon als Kind das Auftauchen von Sonnenflecken, den von Einschlagkratern übersäten Mond, die Phasen der Venus, den riesigen Gasplaneten Jupiter und seine Monde, den 'Roten Planeten' Mars, die Ringe des Saturn, die eindruckvolle Andromeda-Galaxie, den Orion-Nebel, den Sternhaufen der Plejaden, den Doppelsternhaufen 'h und Chi Persei' und viele andere Himmelsobjekte kennen.

In Erinnerung geblieben ist mir auch die erste Mondlandung am 21. Juli 1969, die ich als Sechsjähriger gemeinsam mit meinem Großvater in den frühen Morgenstunden dieses Tages am Fernseher als Livesendung erleben durfte. Zu Weihnachten 1974 schenkte mir mein Großvater ein kleines Kosmos-Teleskop (Refraktor LW 50 f/10 mit einem achromatischen Objektiv von Lichtenknecker), das ich - montiert auf einem Fotostativ - fleißig benutzte.

Die Sommerlager meines damaligen Pfadfinder-Stamms führten regelmäßig auf eine Wiese in der Nähe des Klosters Hardehausen bei Warburg - eine recht dunkle Gegend im östlichen Westfalen. In einer sternklaren Nacht im Juli 1975, die ich stundenweise auf einem Ansitz bei der 'Wache' über dem Zeltlager verbrachte, überraschte mich zum ersten Mal ein ungewöhnlich heller Bolide, der groß und behäbig quer über den Himmel zog.

Dem ersten Teleskop meines Großvaters folgte zwei Jahre später als Geschenk meiner Eltern ein achromatischer Refraktor der japanischen Firma Tasco, ein 14T auf einer einfachen parallaktischen Montierung, doch mit einer sehr guten Optik von 60 mm. Leider sind diese beiden Teleskope sowie auch die Geräte meines Großvaters nicht in meinem Besitz erhalten geblieben.[2]

Zu Gast in der Schloss-Sternwarte

Über meinen Großvater lernte ich den Grafen Henning von Stosch (*1897, +1982) kennen. Er war Sproß eines alten Adelsgeschlechts und betrieb neben Familienforschung auch Astronomie.[3] Graf Stosch lebte seit 1935 auf dem im Jahre 1455 erstmalig urkundlich erwähnten Rittersitz Haus Ruhr bei Westhofen (Stadt Schwerte, Kreis Unna), heute Sitz der Ruhrakademie.[4] Auf meiner Fahrt zur Schule kam ich mit Bus und Fahrrad täglich dort vorbei.

Im Sommer 1976 zeigte mir Graf Stosch seine Sternwarte, die er in einem Turm des alten Gemäuers untergebracht hatte. Nach meinen Aufzeichnungen handelte es sich um einen älteren, imposant wirkenden 150 mm Refraktor von Carl Zeiss mit einer Brennweite von etwa 2200 mm auf einer motorisierten parallaktischen Säulenmontierung.[5]

In den folgenden Jahren war ich immer wieder in dieser Privatsternwarte zu Gast, um den in Astronomie sehr bewanderten Grafen bei seinen nächtlichen Streifzügen durch den Sternenhimmel zu begleiten. Viele unvergessliche Blicke auf Galaxien und Sternhaufen sowie auf die Planeten Venus, Mars, Jupiter und Saturn sowie erstmalig für mich auch auf Merkur, Neptun und Uranus haben sich bei mir eingeprägt und fanden Eingang in mein Beobachtungsbuch. Graf Stosch besaß auch eine umfangreiche Dia-Sammlung von astronomischen Objekten, zum Teil handelte es sich um eigene Aufnahmen, die er gerne vorführte und lebhaft kommentierte.

Der schon recht betagte Graf und seine Familie verließen 1980 den alten Rittersitz. Ihm war der Verkehr auf der nahe an Haus Ruhr vorbeiführenden Autobahn A 45 zu laut geworden. Das Anwesen wurde verkauft - was aus der schönen Stosch'schen Sternwarte auf Haus Ruhr wurde, habe ich bis heute leider nicht in Erfahrung bringen können.

Wiederbelebung ...

Trotz der Mitgliedschaft in einer Astro AG während der Schulzeit waren meine Noten in Physik und Mathematik alles andere als eine Empfehlung, um ein Erfolg versprechendes Studium der Astrophysik zu beginnen. Das Studium der Archäologie und Geschichte sowie einer Anzahl von weiteren (Neben-)Fächern bot mir dann aber eine gleichermaßen interessante Alternative wie auch berufliche Perspektive als Wissenschaftler.

Neben der 'stürmischen Spätjugend', Ausbildung, Studium und Beruf geriet die praktische 'Sternenguckerei' über viele Jahre hinweg ins Hintertreffen. Dennoch ließ das Interesse an der Astronomie nicht nach. Durch einen Feldstecher, Fachzeitschriften (Sterne und Weltraum, Sky & Telescope) und Bücher wurde es wachgehalten.

Im Herbst 2004 nahm der Wunsch nach einem eigenen Teleskop schließlich überhand. Anfänglich wechselten die Teleskope, Okulare und das Zubehör in rascher Folge. Aus mangelnder Erfahrung und fehlender Orientierung blieben 'Fehlkäufe' nicht aus. Dieses Lehrgeld, von dem der Handel profitiert, zahlt wohl jeder Wiedereinsteiger und Neuling im Bereich der Amateur-Astronomie.

Nach einigen Jahren des Ausprobierens und Vergleichens war schließlich ein Zustand erreicht, der meinen Vorstellungen und Wünschen nahe kommt. In der Planung ist mittelfristig ein Selbstbauprojekt: ein Newton-Teleskop mit einem Spiegeldurchmesser von 18" bzw. 20" (450 / 500 mm) in Leichtbauweise und "auf Augenhöhe" - ein Lowrider Dobsonian.

Sternenträume ...

In meiner überschaubaren Ausrüstung darf das legendäre C8 Schmidt-Cassegrain-Teleskop der US-amerikanischen Firma Celestron nicht fehlen. Die Werbeanzeigen für das C8 auf dem 'Back Cover' der Zeitschrift Sky & Telescope waren mir als eifriger (Mit-)Leser des großväterlichen Abonnements schon in Jugendtagen eine traumfördernde Augenweide.

Auf dem 'Back Cover' der Dezember-Ausgabe 1982 knüpfte etwa kein Geringerer als Lenoard Nimoy, der Darsteller des Wissenschaftsoffiziers Mr. Spock auf dem utopischen Raumschiff Enterprise, als Besitzer eines C8 an das schon damals Kult-Status besitzende Science Fiction-Epos Star Trek an. Und noch im 'reifen' Alter oute ich mich gelegentlich als Trecker.

Als jugendlicher Sternfreund war ich nicht nur von dem spitzohrigen Vulcanier Spock angetan, sondern auch von den Möglichkeiten eines C8 begeistert. Der 203 mm Durchmesser zählende Primärspiegel erreicht trotz seines großen Öffnungsverhältnisses von f/10 eine Abbildungsleistung, von der ich damals nur träumen durfte.

Glücklicherweise habe ich mit Stephanie schon in der Studienzeit eine Lebensgefährtin gefunden, die meine Leidenschaft(en) seit Jahren vorbehaltlos teilt, unterstützt und begleitet. Unvergessen sind die gemeinsamen Beobachtungen der Kometen Hale -Bopp (Sommer und Frühjahr 1997) und 17P/Holmes (Herbst 2007) sowie mehrere ergiebige Nächte mit Sternschnuppenströmen und Deep Sky-Objekten. Ihre beiden Lieblingsobjekte im Sonnensystem, die Planeten Jupiter und Saturn, wurden ebenfalls intensiv beobachtet.

Die geheimen Wünsche, die ich als Jugendlicher bei der Sichtung von Sternschnuppen beständig zum Himmel schickte, wurden anscheinend doch erhört ...

Als Mitglied in der Vereinigung der Sternfreunde bin ich dort in den Fachgruppen 'Deep Sky' sowie 'Geschichte der Astronomie' eingetragen.

Anmerkungen

[1] Das Kosmos-Teleskop E 68 besaß ein 68 mm-Objektiv (wohl von Lichtenknecker) und eine Brennweite von 900 mm. Es ist in dem Buch von Rudolf Brandt (Das Fernrohr des Sternfreundes, Stuttgart 1953) ausführlich beschrieben. Ich besitze die 2. Ausgabe dieses auch von mir gerne gelesenen Buches von 1962, das handschriftliche Anmerkungen meines Großvaters enthält. Er hatte die von der Firma Wachter in Stuttgart gefertigte Montierung für das Teleskop auf ein hölzernes Dreibeinstativ gesetzt und eine selbst gebaute Taukappe am Objektiv befestigt. Allein der optische Tubus kostete um 1960 als Neugerät rund 400 DM. Da Teleskop und Montierung bereits Gebrauchsspuren und Reparaturarbeiten zeigten, vermute ich, dass mein Großvater beides gebraucht erworben hatte. Von Rudolf Brandt stammt im Übrigen auch das Buch "Himmelswunder im Feldstecher" (3. Auflage, Leipzig 1952), das ebenfalls im Nachlaß meines Großvaters überliefert geblieben ist.
[2] In meinem Besitz befinden sich einige antiquarische Bücher und Zeitschriften, überwiegend aus dem Besitz meines Großvaters, sowie eigene Aufzeichnungen und ein zwischen 1976 und 1979 von mir unregelmäßig geführtes Beobachtungsbuch (Schulheft), das Einträge, Anmerkungen und einzelne Zeichnungen zu Beobachtungen enthält.
[3] Vgl. Stosch, Henning von: Genealogie des uradeligen schlesischen Geschlechts der Grafen von Stosch, Altkessel 1927; Kneschke, Ernst Heinrich: Neues allgemeines deutsches Adels-Lexicon, Bd. 9, Leipzig 1870, S. 65-67. Nähere biografische Angaben zu Graf Henning [Ernst Karl Reinhard] sind mir derzeit nicht möglich. Er wurde 1897 als dritter Sohn des Grafen Felix von Stosch und Freifrau Elisabeth von Gemmingen-Steinegg auf dem Familiensitz in Polnisch-Kessel (später Altkessel im Kreis Grünberg in der preuß. Provinz Schlesien, seit 1945 Stary Kisielin bei Zielona Góra in der Woiwodschaft Lebus) geboren und starb 1982 in Villigst, Stadt Schwerte. Seit 1930 war er mit Gräfin Luise Wally von Wedel (*1907 in Potsdam, +1995 in Schwerte) verheiratet; der Ehe entstammten drei Töchter, die bis auf eine Tochter unverheiratet blieben. Sein älterer und erstgeborener Bruder Günther war von 1933 bis 1935 Leiter der Geheimen Staatspolizei im Regierungsbezirk Münster, anschließend bis 1941 Oberbürgermeister der Stadt Bottrop und dann Regierungspräsident in Münster (1941-1943) und Minden (1943-1945). Der zweitgeborene Bruder Hans-Gottlieb war Wehrmachtsoffizier.
[4] Zur Geschichte von Haus Ruhr vgl. Krüger, Kristina: Haus Ruhr, in: Burgen AufRuhr! Unterwegs zu über 100 Burgen, Schlössern und Herrensitzen in der Ruhrregion, Essen 2010, S. 367-370.
[5] Das Teleskop mit seiner glockenförmigen Säulenmontierung war wahrscheinlich mit dem im Zeiss-Astronomie-Katalog von ca. 1920 abgebildeten 6" Refraktor (Brennweite 2250 mm) identisch, vgl. Carl Zeiss, Jena: Astronomische Instrumente. Katalog Nr. 30, hrsg. von der Abteilung für astronomische Instrumente, o. O. [Jena, um 1920], S. 30-31 (PDF download 23,5 MB).